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  • AutorenbildEveline

"Als Mama kann man seinem Kind doch nicht böse sein!"

Ich erinnere mich noch gut an diese Nacht vor fast sechs Jahren zurück. Neben mir wälzte sich mein baby unruhig von links nach rechts, die Ärmchen und Beinchen zappelten durch die Gegend. Sie wollte und wollte einfach nicht zur Ruhe kommen. Ich stillte, ich puckte, ich versuchte sie zu beruhigen - doch nichts half. Ich war verzweifelt, übermüdet, ratlos. Und dann spürte ich sie zum ersten Mal: Diese völlig irrationale, brennende Wut auf meine Tochter, die mich zu überwältigen drohte.


In meinem Kopf raste der Wutteufel und wollte sich nicht beruhigen. Im Inneren tobte und schrie ich, schlug vor Verzweiflung um mich. Meine Wut verwünschte dieses Kind, das mich um meinen Nachtschlaf und meine Kraft brachte. Ich zitterte vor Anstrengung diese Wut zu kontrollieren und es gelang mir nut mit äußerster Mühe, so übermächtig schien sie. Ebenso übermächtig wie meine Verzweiflung und meine Übermüdung war.

Irgendwann rutschte mir ein leise gezischtes: " Jetzt schlaf doch endlich, verdammt noch mal!" heraus.


Gleichzeitig überwältigte mich das schlechte Gewissen


als die Wut abgeebbt war. Als mein innerer Kampf auskgekämpft war und meine Tochter schließlich und endlich doch wieder in den Schlaf gefunden hatte. Ich lag wach und fühlte mich elend. Wie konnte ich nur? Wie konnte ich nur eine solch irrationale Wut auf mein eigenes Kind empfinden? Noch dazu für etwas, für das es augenscheinlich gar nichts konnte?


Dies war nur die erste Situation von vielen, in denen mich die Wut auf mein Kind härter traf als eine Abrissbirne.

In manchen Fällen war meine Wut schlichter Ausdruck meiner Überforderung, das begriff ich irgendwann später. Sie trat immer dann auf, wenn meine Energiereserven vollkommen erschöpft waren. Wenn ich auch die letzte rot blinkende Warnmeldung übersehen hatte, die mir signalisierte: " Achtung! Hier stimmt etwas nicht! Dir fehlt etwas!"

In anderen Fällen hatte meine Wut durchaus einen anderen Hintergrund. Weil mein Kind mich mit seinen Worten verletzt hatte, weil es wiederholt meine Grenzen mit Füßen getreten hatte. Und ja, ich weiß, dass das Meiste davon weder mit Absicht noch in vollem Bewusstsein der Konsequenzen geschah.

In all diesen Situationen fühlte ich lange Zeit dieses überwältigende schlechte Gewissen.

Es dauerte mehrere Jahre bis ich begriff, dass beides gleichzeitig sein darf:

Das Wissen darum, dass mein Kind in den allermeisten Fällen in denen ich Wut empfand nichts dafür konnte bzw. noch nicht so weit war die Konsequenzen seiner Handlungen zu verstehen.

Das Gefühl der Wut, das ich als Mutter in diesen Momenten trotzdem empfand.


Das Entscheidende dabei ist doch:


Wie gehe ich mit dieser Wut um?

Lasse ich ihr ungehindert freien Lauf? Oder bekomme ich sie im Außen kontrolliert? Kann ich sie in akzeptable Bahnen lenken?

Verstehe ich, dass meine Wut MEINE Reaktion auf das Verhalten des Kindes ist und nicht die Schuld meines Kindes?

Das Begreifen, dass diese Wut nicht weggehen wird, es aber vielmehr darauf ankommt, was ich daraus mache, war das der erste Schritt mich von meinem schlechten Gewissen nicht mehr überwältigen zu lassen.


Wut an sich ist nichts schlimmes.


Im Gegenteil, sie ist ein wichtiges Warnsignal, dass etwas gerade in Schieflage ist. Dass wir getriggert werden. Und dafür ist es unerheblich WER uns gerade triggert. Ja, wir können und wir DÜRFEN auch auf unsere Kinder wütend sein.

ABER wir haben eben auch die Verantwortung mit dieser Wut entpsrechend umzugehen und sie nicht wahllos und blind rauszulassen.

Der Anspruch niemals seinem Kind böse sein zu dürfen ist hoch toxisch. Denn er sorgt nur dafür, dass man verzweifelt versucht diese Gefühle wegzudrücken. Und irgendwann kommen sie dafür in doppelt und dreifacher Ausführung zurück.

Wäre es da nicht besser, wir lassen die Gefühle zu, erkennen an, dass wir gerade wütend sind und gehen sinnvoll damit um?


Ich finde schon.

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